Fachkräftemangel – Impulse zum Umdenken
Die aktuelle Vierteljahreszeitschrift des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) stellt erneut das Problem der Fachkräftesicherung zur Debatte. Im Editorial des neuen Berichte-Heftes bezeichnet Prof. Dr. Carsten Kühl, Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des Difu, den Fachkräftemangel als das größte Risiko für den (Wirtschafts-)Standort Deutschland. Gerade für Kommunen sei es das größte nicht-monetäre Investitionshemmnis, das der Schließung der kommunalen Investitionslücke im Wege stehe. Trotz der vielfältigen Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen – von Equal Pay bis hin zu mehr qualifizierter Zuwanderung oder innovationsgetriebener Digitalisierung – bleibe das Problem äußerst akut.
Die Kinder- und Jugendhilfe muss handlungsfähig bleiben
Der Standpunkt der Difu-Wissenschaftler*innen Thomas Franke, Beate Hollbach-Grömig und Kerstin Landua nimmt die Situation in der Kinder- und Jugendhilfe unter die Lupe. Dort sei der Fachkräftemangel besonders spürbar, da die Kluft zwischen dem wachsenden Bedarf und dem Arbeitskräfteangebot immer größer würde, obwohl sich die Zahl der Fachkräfte im sozialen Bereich seit 2006 verdoppelt habe. Die aktuellen Basisaufgaben könnten in dieser Situation nicht mehr adäquat erfüllt werden und hinzu kämen noch mehr Herausforderungen: die Berücksichtigung von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen im SGB VIII, die steigende Zuwanderung von unbegleiteten minderjährigen Ausländer*innen (UMA) sowie die geplante Einführung eines Anspruchs auf Ganztagsbetreuung.
Die Autor*innen plädieren für wirksame Strategien und Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung, damit die Kinder- und Jugendhilfe auch in Zukunft handlungsfähig bleibt. Erzieherische und sozialpädagogische Berufe sollten insgesamt attraktiver gemacht werden, heißt es in der Stellungnahme. Damit dies gelingt, müssten vor allem limitierende gesetzliche Rahmenbedingungen auf Bundes- und Länderebene geändert werden. Dazu gehören insbesondere das Fachkräftegebot, unterschiedliche Fachkräftelisten der Länder, das Tarifrecht, Ausbildungscurricula, eine zu geringe Zahl an Studienplätzen und die bürokratischen und langwierigen Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse.
Um dem Fachkräftemangel auch unter den bestehenden Rahmenbedingungen entgegenzuwirken, handeln viele Kommunen schon jetzt sehr flexibel und vorausschauend, so die Autor*innen. Sie führen eigene Ausbildungen für Fachkräfte durch, bieten attraktive kommunale Fort- und Weiterbildungen an und führen flexible Arbeitsmodelle sowie unbefristete Stellen ein. Die Autor*innen des Standpunktes regen an, diese Anstrengungen auszuweiten und im Sinne des Erfahrungstransfers auszuarbeiten.
Das Magazin "Berichte" des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) informiert über Forschung, Projekte und Veranstaltungen rund um das Thema Stadt. Das Difu wurde 1973 in Berlin gegründet und ist das größte Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum. Das Institut versteht sich als die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Es bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben.