Kommunale Verantwortung: Wege zur Bildungslandschaft
Stephan Aurand ist im Lahn-Dill-Kreis seit zwei Jahren als Dezernent für den Fachbereich Soziales, Gesundheit, Jugend und für die Lahn-Dill-Akademie mit Volkshochschule und Musikschule verantwortlich. Zuvor war er viele Jahre Bürgermeister einer kreisangehörigen Gemeinde. Für die politische Ebene im Lahn-Dill-Kreis ist Bildung ein zentrales Thema. Ausschlaggebend für das kommunale Engagement in diesem Bereich war die Überzeugung, dass die Kommune bei der Bedeutung und Komplexität der Fragestellungen die Steuerungsverantwortung übernehmen sollte. Die politischen Gremien haben in den letzten zwei Jahren mit breiter Zustimmung die entsprechende Weichenstellung vorgenommen.
So hinderten Befürchtungen bezüglich der Komplexität, des Zeitaufwands oder des Risikos die Verantwortlichen nicht, sich auf den Aufbau einer Bildungslandschaft einzulassen, vielmehr war es nicht schwierig, Mitstreiter zu finden. Zunächst hatte man sich sowohl fachbereichsübergreifend als auch innerhalb der Fachbereiche zusammengesetzt und geschaut, wo der Kreis in Bezug auf Bildung steht. Davon ausgehend wollte man die Zerklüftung der Bildungslandschaft überwinden und dafür ein Netzwerk aufbauen. Als Schulträger von 95 Schulen sah man sich in der Verpflichtung, über diese Zuständigkeit hinaus zu gehen und möglichst viele der relevanten Akteure zu gewinnen. Heute sitzen zum Beispiel die Schulen, das Staatliche Schulamt, die IHK, die Handwerkskammer oder das kommunale Jobcenter an einem Tisch. Die Chancen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Bildungswesens stehen insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung gut. Denn hierbei kann der Lahn-Dill-Kreis jetzt schon auf ein sehr gutes Ausbildungs- und Berufsangebot mit 90.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und teilweise Vollbeschäftigung verweisen.
Eine besondere Schwierigkeit sah Dr. Heinz in der Einbeziehung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden, weil das Verhältnis zu ihnen oftmals mit wechselseitigen Zuschreibungen bezüglich Nützlichkeit und Effizienz belastet ist. Herr Aurand sieht darin einen längeren Prozess und will das Thema demografische Entwicklung als Anknüpfungspunkt nutzen, insbesondere dort, wo ein Bevölkerungsrückgang beobachtet wird. Da Bildungserfolg der zentrale Schlüssel für die Weiterentwicklung der ländlichen Region ist, soll aber mit den kreisangehörigen Kommunen auch über zukunftsfähige Vernetzungskonzepte für die Bildungslandschaft gesprochen werden. Indem der Landkreis bereits große Anstrengungen unternimmt, dezentral ein sehr gutes Bildungsangebot in den Schulen vorzuhalten, sind die Voraussetzungen gut, um auf die kreisangehörigen Kommunen zuzugehen und gemeinsam eine Gesamtstrategie für Bildung zu entwickeln.
Zum Abschluss thematisierte Dr. Heinz die Frage, wieviel und in welcher Form Struktur benötigt wird, um ein Kommunales Bildungsmanagement aufzubauen, und wie dafür die notwendige Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit hergestellt werden kann. Im Lahn-Dill-Kreis wurden ein Lenkungskreis und drei jeweils auf den Lebenslauf bezogene Kompetenzteams gebildet. Die Einrichtung eines Bildungsbüros ist geplant, dafür wurde eine Förderung über das BMBF- Programm "Bildung integriert" beantragt. Für die Auftaktveranstaltung hatte man einen externen Berater geholt. Im Herbst 2015 ging der Landkreis eine Kooperation mit der Transferagentur Hessen ein und sicherte sich damit Experten-Unterstützung für die weitere Entwicklungsarbeit.
Die umfassende Einbeziehung von Bildungsakteuren und Kommunalpolitik bereits bei der Auftaktveranstaltung, die Planungen zur Einrichtung eines Bildungsbüros in der Kreisverwaltung und die Beschlüsse des Kreistags zum Vorhaben signalisieren die Verbindlichkeit auf Seiten des Landkreises. Die Diskussion im Kreistag unterstrich zudem, dass die Gemeinschaft der Akteure kein geschlossenes System sein soll, sondern offen für neue Mitstreiter. Damit wird die Herstellung von Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit mit verwaltungsexternen Akteuren allerdings auch zu einer Daueraufgabe.
Abschließend hoben beide Gesprächspartner noch einmal die Bedeutung von politischen Beschlüssen hervor. Denn Kommunales Bildungsmanagement kann nur funktionieren, wenn Überzeugungsarbeit geleistet, die Ressourcen beschrieben werden und die Brücke zwischen den Bildungsgremien und den formalen Gremien geschlagen wird.